Entstehung

Im Jahr 1984 begannen wir uns systematisch mit der Situation von Straßenkindern zu beschäftigen. Dabei mussten wir feststellen, dass diese Problematik dramatische Dimensionen erreicht hatte: weltweit wächst die Zahl der Nichtsesshaften Kinder und Jugendlicher ständig. Straßenkinder sind ein gesellschaftliches Problemfeld, das sich schon lange nicht mehr nur auf Metropolen der sogenannten Dritten Welt beschränkt. Auch die Großstädte Europas müssen sich mit diesem Thema zunehmend befassen. – Und “Straßenkinder” sind nur ein kleiner Teil der immer größer werdenden Gruppe sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher.

Ursachen für dieses Phänomen gibt es zahlreiche und sehr verschiedene. Besonders ausschlaggebend aber sind folgende Faktoren: Eine extrem ungleiche Einkommens- und Besitzverteilung, strukturell soziale Ungleichheit, die wachsende Verelendung breiter Bevölkerungsgruppen, der soziokulturelle Kontext, Bürgerkriege, die Land-Stadt-Migration, veränderte Bevölkerungsstrukturen, unflexible Schulsysteme, zunehmende Arbeitslosigkeit u.v.m.

Wissenschaft und Medien haben darauf reagiert und die unterschiedlichsten Veröffentlichungen herausgebracht. Gleichzeitig haben sich nationale und internationale Organisationen vielfältigen Problemlösungen verschrieben. Wirkung und Erfolg dieses Engagements sind jedoch relativ selten dokumentiert und/oder geraten in Vergessenheit. Hier setzt die Idee unseres Projekts an.
Am 1. 6. 1999 startete das Projekt mit dem Einzug in die Ladenräume der Weinbergsweg 23, Bezirk Mitte, die von  Kontakt und Beratungsstelle - KuB e.V zur Verfügung gestellt wurden. Die Renovierung wurde in Eigenarbeit und zum Teil unter Mithilfe von im KuB-Hausprojekt lebenden Jugendlichen geleistet. Sach-, Geldspenden und Eigenbeiträge für die Einrichtung und Ausstattung der Räumlichkeiten ermöglichten eine zügige Inbetriebnahme. Gleichzeitig förderte die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen ein Förderprogramm der Frauenforschung mit der Maßnahme: “Aufbau und Verstärkung eines Schwerpunktes für Straßenmädchen und sozial gefährdete Mädchen und junge Frauen im internationalen Straßenkinder-Archiv, Forschungs- und Beratungszentrum”.
Der Aufbau dieses Schwerpunktbereiches umfasst die Recherche, Analyse und Archivierung aller Materialien und Medien, die die Situation der sozial gefährdeten oder schon gänzlich auf der Straße lebenden Mädchen und Frauen und ihre Rolle im Verhältnis der Geschlechter thematisierten. Ziel ist es, Voraussetzungen für Forschungsvorhaben in der Straßenmädchen- und Frauenforschung zu schaffen, für Einrichtungen der praktischen Arbeit wichtige Ansatzpunkte und Anregungen zu liefern und die öffentliche Diskussion voranzutreiben.

Seit 2004 ist das Straßenkinder Archiv im Casa Latinoamericana in Berlin integriert.